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Blinde Reporter unterwegs – ein Widerspruch in sich?

Junge Frau mit Langstock, andere Frau erzält, Mann steht neben den beiden Frauen. Naisen kuvailee näkövammaiselle naiselle.
Foto: Birgit Baumgart

Mein Name ist Susanne, ich bin 62 Jahre und blind. Seit 2018 bin ich in einem Team als blinde Reporterin in Berlins Museen unterwegs und berichte über aktuelle Ausstellungen.

Zum besseren Verständnis steht dazu auf unserer Website Die blinden ReporterInnen | Bilder für die Blinden (bildbeschreibungen.com) folgender Text:

Die blinden ReporterInnen“ trugen ursprünglich den etwas barocken Namen „Die blinde Reporterin geht ins Museum und fragt den Leuten Löcher in den Bauch“. Und auch wenn sich der Name nun schon abgeschliffen hat, genau darum geht es. Die blinden Reporter und Reporterinnen gehen in Ausstellungen und fragen zufällig anwesende Besucher und Kuratoren, Fachleute und Laien, Jungen und Mädchen, was da vor ihnen an der Wand hängt. Und da du, geneigter Leser, verehrte Leserin, es gerade ebenso wenig vor dir siehst, wie sie, sind die blinden Reporter deine allerbesten Stellvertreter. Die Befragten beantworten den Blinden bereitwillig jede Frage, auch die, die sie einem sehenden Interviewer vielleicht nicht beantworten würden: Das sieht man doch. Aber tatsächlich ist das, was man sieht, längst nicht so eindeutig, wie es einem selbst erscheint. Das merkt man spätestens, wenn man zwei verschiedene Bildbeschreibungen desselben Bildes vergleicht. Aus Gemeinsamkeiten und Unterschieden ergänzt sich den Hörern, sehenden wie blinden, nach und nach ihr inneres Bild.

Anfangs war ich auch skeptisch, zumal ich keine Kunstkennerin bin. Also suchte ich mir Ausstellungen, die mich persönlich interessieren. Außerdem zog es mich auch in kleinere Museen. Mir war und ist es wichtig, mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen. Im Laufe der Zeit ergaben sich viele schöne Situationen. Da war die sehr detaillierte Beschreibung eines Kindes über ein Gemälde von Lotte Laserstein. Kinder sind sehr genaue Beobachter und sie werten die Dinge nicht sofort, wie es oft Erwachsene tun. In meinem Kopf entsteht dazu zunächst ein nüchternes Bild und erst dann kommen die Emotionen hinzu.

Ein anderes Mal hatten mehrere Besucher unsere Vorgehensweisen mitbekommen und wollten mir das Bild beschreiben. Es entstand ein Gesprächskreis von mehreren Menschen, die mit mir über meine Empfindungen und Eindrücke zu meinem inneren Abbild des Gemäldes diskutierten. Diese Momente liebe ich besonders. Auch für Sehende ergibt sich eine neue Dimension – nämlich „die blinde Sicht auf die Kunst“.

Gern lade ich Sie und euch dazu ein, in die entsprechenden Beiträge auf der oben genannten Webseite reinzuhören und sich selbst ein Bild zu machen.

Nun möchten wir unser Projekt auf eine nächste Ebene heben und dazu würde ich gern Ihre /eure Meinung hören. So stellen wir uns vor, Assoziationen wie z.B. Gerüche, Geräusche, Musik mit der empfundenen Kunst (getastet oder beschrieben) zu verbinden. In der Ausstellung „Die Verführung Licht“, die im August letzten Jahres im Staatliches Museum Schwerin stattfand, ergaben sich interessante Gespräche zu diesem Ansatz. Daraus würden wir gern einen Podcast machen. Und an dieser Stelle kommen Sie / ihr in Spiel: Es soll ein Podcast entstehen, wie sollte dieser aufgebaut sein, damit man Lust bekommt sich in anzuhören.

Ich bin gespannt auf Ihre / eure Ideen. Gern auch an mich persönlich.

Text: Susanne Emmermann

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